Journal Title
Title of Journal: Radiologe
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Abbravation: Der Radiologe
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Publisher
Springer Berlin Heidelberg
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Authors: W Reith
Publish Date: 2016/04/20
Volume: 56, Issue: 5, Pages: 405-405
Abstract
Kindesmisshandlungen können in unterschiedlichen Formen auftreten neben körperlichen Misshandlungen Vernachlässigungen sowie emotionalem oder sexuellem Missbrauch treten auch misshandlungsbedingte Verletzungen wie Kopfverletzungen auf die als nichtakzidentelles SchädelHirnTrauma bezeichnet werden Das nichtakzidentelle SchädelHirnTrauma ist bei Säuglingen und Kleinkindern die häufigste nicht natürliche Todesursache und im 2 Lebenshalbjahr sogar die häufigste Todesursache überhaupt Der Begriff Schütteltrauma bzw ShakenBabySyndrom wird verwendet wenn die Konstellation von subduralen Hämatomen zusätzlich vorhandenen retinalen Blutungen und schweren prognostisch ungünstigen diffusen Hirnschädigungen durch ein massives Schütteln eines Säuglings entstanden sindDas Spektrum der klinischen Symptome umfasst Irritabilität Trinkschwäche Schläfrigkeit Apathie zerebrale Krampfanfälle Atemstörungen Temperaturregulationsstörungen und Erbrechen durch den Hirndruck Die Letalität beträgt bis zu 30 und bis zu 70 der Überlebenden erleiden Langzeitschäden Ursächlich ist dass der Kopf des Säuglings im Vergleich zum Körper relativ schwer ist die Bandstrukturen im Kopfhalteapparat noch nicht komplett ausgebildet sind und es durch die in diesem Alter noch nicht vollständige Myelinisierung und die etwas erweiterten Liquorräume zu den oben beschriebenen Veränderungen kommen kannRadiologische Zusatzuntersuchungen sind für die Evaluation Verlaufskontrolle und Dokumentation von großer Bedeutung Hierbei sollten Radiologen in der Lage sein typische Verletzungen als Misshandlungsfolgen zu erkennen In Einzelfällen ist der Befund hochspezifisch für eine Misshandlung hierzu zählen z B metaphysäre Kantenabsprengungen an den langen Röhrenknochen bei Kindern bis 24 Monaten In anderen Fällen sind die Frakturen nicht spezifisch aber hoch sensitiv für das Vorliegen einer Misshandlung z B Rippenfrakturen die in über 50 der Fälle mit einer Misshandlung assoziiert werden können Die Misshandlung kann allerdings oft nur in Zusammenschau der unterschiedlichen Befunde also nach Beurteilung des gesamten Skelettstatus diagnostiziert werden Für die Entscheidung in welchen Fällen ein kompletter Skelettstatus angefertigt werden sollte stellt sich das Konzept der „sentinel injuries“ als hilfreiches Tool heraus In der Altersgruppe bis 24 Monate wird hierbei ein kompletter Skelettstatus bei den drei „sentinel injuries“ Rippenfrakturen intrakranielle Blutung und Abdominaltrauma empfohlen Bei Verdacht auf eine Kindesmisshandlung sollte möglichst innerhalb weniger Tage und erneut nach 1–2 Monaten eine Untersuchung zur Verlaufskontrolle durchgeführt werden Gutachterliche Erfahrungen und Literaturstudien zeigen dass die Diagnose einer Kindesmisshandlung bzw eines Schütteltraumas häufig nicht gestellt wird bzw man sich nicht traut diesen Verdacht auszusprechen Gründe sind aber auch oft mangelndes Fachwissen oder diagnostische Unsicherheit Die Situation wird häufig durch ein vehementes Abstreiten durch die Eltern und Betreuenden die mit einem Misshandlungsvorwurf konfrontiert werden noch komplizierter Oft zeigt sich dass es insbesondere bei tödlich verlaufenden Kindesmisshandlungen Hinweise auf frühere Misshandlungen gegeben hat was die Bedeutung einer sicheren Diagnose bzw eines adäquaten Handelns unterstreicht Die Einweisung in eine Klinik ist nicht nur eine medizinische Indikation sondern auch zur Vermeidung von weiteren Misshandlungen angezeigt Die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden muss in jedem einzelnen Fall sorgfältig geprüft werden Falls nach erfolgter Rechtsgüterabwägung der Eindruck bestehen bleibt dass eine erhebliche nicht abwendbare Gefahr für Leib und Leben des Kinds besteht so kann dies laut Gesetz zu einer Entbindung der Schweigepflicht führen Wird das Kind in der Familie belassen sind engmaschige medizinische Kontrollen auch von den Geschwisterkindern sowie eine enge Zusammenarbeit der Eltern mit dem Jugendamt unabdingbare Voraussetzung
Keywords:
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